Keine Zeit, ihn zu lieben

Meine Lieben,

manchmal frage ich mich, haben Menschen nur noch ihre eigenen Perspektiven im Sinn? Guckt keiner mehr nach dem anderen? Haben wir für jeden eine Lösung parat, gefragt oder ungefragt. In meinem letzten gelesenen Buch fand ich das Zitat „Wenn du jemanden verurteilst, hast du keine Zeit, ihn zu lieben.“

Ich las den Roman „Die Schatten von Race Point“ von Patry Francis und fand darin den Satz „Wenn du jemanden verurteilst, hast du keine Zeit, ihn zu lieben“. Wie ich so bin, wollte ich wissen, von wem das Zitat stammt. Es stammt von Mutter Teresa: Wenn du die Menschen verurteilst, hast du keine Zeit, sie zu lieben. Das wäre also geklärt. Der Satz hat mich so schon überaus angesprochen, doch zu wissen, dass Mutter Teresa ihn ausgesprochen hat, eine Frau, die ihr Leben den Menschen widmete, die nicht auf der Wohlstandsseite des Lebens standen, gibt den Worten noch einmal mehr Gewicht. Ihre Antriebsfeder war die Liebe. Ob da nun jemanden geschrieben steht oder die Menschen, das ist mir eigentlich gleich, doch der Inhalt der Worte, der machte mich betroffen, denn wie oft fliegen dir heute in den sozialen Netzwerken Urteile um die Ohren, mit denen du absolut nicht einverstanden bist, deren Masse dich aber erschlägt.

In einer meiner ersten Gruppen in den sozialen Netzwerken habe ich noch frank und frei meine Meinung zu einem nichtssagenden, mir heute nicht mehr greifbaren Thema geäußert und ich wurde daraufhin von einer anderen Frau derart mit unter der Gürtellinie formulierten Worten persönlich angegriffen, dass ich mich sofort aus der Gruppe verabschiedete. Ich fühlte mich verletzt. Es ging um nichts und ich musste mir sagen lassen, dass ich im Hirn wohl leicht unterbemittelt wäre, da ich das und das nicht wüsste. Zwei Menschen mit verschiedenen Lebenshorizonten trafen aufeinander und doch beendete die einseitige Verurteilung den einen   Austausch bevor er überhaupt begonnen hat. Schade eigentlich, da es hätte interessant werden können.

Ich liebe Menschen und ich liebe Gespräche mit ihnen, deshalb liebe ich den Austausch mit ihnen. Als ein Mensch, der ausgesprochen gut zuhören kann, und damit meine ich nicht das organische Zuhören, nehme ich mein Gegenüber mit allen Sinnen wahr. Das zu hören, was hinter dem Gesagten steht, ist mir wichtig. Das, was der Mensch dabei fühlt. Das, was der Mensch stumm sagt. Der Körper spricht auch ohne zu sprechen und hat eine Meinung.

Mich interessiert, was steckt hinter einer Meinung? Wie hat sich dieser Mensch seine Meinung gebildet? Wie hat die Erfahrung den Menschen geformt? Warum vertritt er seine Meinung so vehement? Welche Folgen hat die Meinung für ihn? Warum bleibt er dabei, auch, wenn sein gegenüber es anders sieht oder wenn ihm die Meinung schadet?  Wie geht er mit meiner Meinung um? Toleriert er sie? Akzeptiert er sie? Kann ich nach dem Meinungsaustausch noch mit ihm ein Bierchen trinken?

Ich empfinde es heute so, dass Menschen sehr schnell urteilen. Sie verurteilen ihr gegenüber wie aus der Pistole geschossen. Vielleicht gibt dies das anonyme Netz der sozialen Netzwerke her. Eine Meinung ist schnell gesagt, wie der gegenüber stehende fühlende Mensch das empfindet, das ist vielen egal. Die Hauptsache ist für viele Netzwerker das Dampf ablassen. Würde man anders agieren, wenn man sein Gegenüber pauschal liebt? Haben wir keine Zeit ihn zu lieben?

Nehmen wir ein Beispiel aus dem Tierschutz. Ein Tier wurde vor dem Tierheim ausgesetzt. Kaum jemand fragt im Kommentar, wie geht es dem Hund? Erst einmal erfolgt ein „Shit storm“. Klar finde ich das Aussetzen eines Tieres auch schlimm. Aber ich finde es schlimm für das Tier. Dem Tier muss geholfen werden! Der Mensch sollte die Folgen seines Tuns tragen. Aber die Selbstgerechtigkeit, die so viele User von sich geben, helfen niemandem, weder dem Tierheim, das sich kümmert, auch nicht dem ausgesetzten Tier, noch der Polizei, die den Aussetzenden finden sollte. Wo bleibt denn da die Liebe für die Seite der Hilfebedürftigen?

Danke schön, Keine Zeit, ihn zu lieben

Außer dem Urteilenden, der seine Meinung an den Mann bringt, wurde doch niemandem geholfen. Gott sei Dank, fällt vielen Selbstgerechten im zweiten Gang die Liebe wieder ein und sie wollen auf irgendeine Art helfen, ihre Liebe zum Ausdruck bringen, sei es durch liebe Worte und Anteilnahme oder sogar durch tatkräftiges Helfen, wie spenden oder schenken. Wie viel Zeit hätten mit Liebe und Mitgefühl verbracht werden können, wenn das Herz zuerst hätte sprechen dürfen.

Engelsaustausch, Keine Zeit, ihn zu lieben

Wenn du jemanden verurteilst hast du keine Zeit, ihn zu lieben, lautet das Zitat. Wir drehen den Satz einfach mal um „Du hast Zeit zu lieben, wenn du nicht verurteilst.“ Das gefällt mir als Menschenfreund sehr gut. In euren Kommentaren fühle ich die vielen Gefühle, die ihr zum Ausdruck bringt. Ihr geht so lieb mit mir und den anderen Kommentatoren um, so sollte es eigentlich immer sein. Dank dafür.

Verschenkt ein Lächeln in der kommenden Woche. Herzliche Grüße,

Eure Birgit Leuchtschnecke, Keine Zeit, ihn zu lieben

2 thoughts on “Keine Zeit, ihn zu lieben

  1. Nicht erst jetzt in den sozialen Netzwerken, wird erst verurteilt, und dann später, eventuell, vielleicht, mal gefragt, warum es zu dem kam, was so spontan verurteilt wurde, nur durch diesozialen Netzwerke geht es noch schneller und noch besser, und noch anonymer. Ich habe schon sehr, sehr lange das Gefühl, dass manche Menschen nur dann ein Wohlgefühl verspüren, wenn sie kräftig auf diversen schwachen oder schwächeren Menschen rumgetrampelt sind, dabei sind diese vermeintlich schwachen Menschen meist sehr viel stärker als der, der trampelt. Ich liebe die Menschen, und die Tiere (meist mehr wie die Menschen) und ich beschenke die Menschen gerne, mache ihnen gerne eine Freude, versuche gerne Licht in ihr Leben zu bringen…..was passiert??? Man wirft mir vor, schwach und dumm zu sein, mich als wertloses Überbleibsel einer längst vergessenen Spezies zu sehen, man fordert mich auf zum Psychiater zu gehen, damit der mich auf „Normal“ formt. Was ich dazu sage/denke? Wenn Gefühlskälte und Egoismus, das Normale der Welt ist, dann bin ich gerne unnormal, ich genieße es Freude, und Liebe zu verbreiten zu verschenken. Was habe ich davon, einen Anderen, in dessen Schuhen ich nicht gelaufen bin, zu verurteilen? NICHTS, und das ist mir einfach zu wenig. Hab eine schöne Ostervorwoche liebe Birgit

  2. Liebe Brigitte,
    die Welt ist kälter geworden, doch ich gehöre gerne zu denen, die das Leben aus einer anderen Perspektive betrachten. Vielleicht lande ich als aussterbende Spezies einmal im Zoo, doch da ich dort auf Menschen wie dich treffe, tut mir das nicht leid. So lange wir die Flamme der Liebe unter den Menschen hoch halten, so lange werden sich Menschen wie wir unter ihrem Schein treffen. Jedes Blatt hat zwei Seiten und bevor ich nicht beide Seiten kenne, steht es mir nicht zu zu verurteilen. Das gilt auch für andere. Danke für deine Worte.
    Liebe Grüße,
    Deine Birgit

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