Meine Lieben,
als ich heute so auf meine Fotowand mit den Abbildern unserer Freunde schaute, dachte ich so bei mir, dass so mancher Freundschaftsweg schon eine Weile nicht mehr gemeinsam genutzt wurde.
Heute sprang in den sozialen Medien mal wieder der Spruch eines unbekannten Verfassers von der Zugfahrt auf:
Das Leben ist eine Zugfahrt. Viele Menschen steigen ein, viele Menschen steigen aus, aber nur wenige begleiten dich ans Ziel.
Bleiben wir bei dem Bild der fahrenden Züge. Der eine Mensch steigt in die S-Bahn, der andere in den Regionalzug und manch anderer lebt sein Leben auf der Überholspur. Das sind dann die ICE Passagiere.
So manches Mal fährt man nur ein winzig kleines Stück des Weges zusammen. Am nächsten Bahnhof schon führen einen die Lebenswege wieder in ganz verschiedene Richtungen. So ist es mir mal gegangen als ich bei einer Freundin aus Kindergartentagen der Kinder eine nette Frau kennen lernte und mit ihr ein gutes Gespräch führte. Ich erzählte ihr davon, dass viele Freunde und Familienmitglieder Geld für einen Strandkorb als Geburtstagsgeschenk für unsere Mama zusammengelegt haben und ich nun eine Transportmöglichkeit suche. Die nette Frau bot mir nicht nur an, mir ihren Autoanhänger zu leihen, sondern sich selber auch als Fahrerin. Nachdem ich zum Schluss alle beteiligten Personen zu Currywurst – Pommes einlud, kreuzten sich unsere Wege nie wieder.
Dann wiederum laufen wir gemeinsam einen Freundschaftsweg über eine lange Zeit. Wir haben die selben Interessen, die selben Freuden. Gemeinsam lachen und weinen wir. Wir haben eine gemeinsame Geschichte aufgebaut und dennoch führt uns irgendwann das Leben wieder in verschiedene Richtungen. Da wir aber gefühlsmäßig miteinander verwoben sind, macht es uns gar nichts aus, uns mal nicht zu sehen, und das auch mal über einen längeren Zeitraum.
Schon die Freundin meiner Mama, meiner Tante Mecki (Mechthild), schneite unregelmäßig zwischen ihren Reisen um die Welt ins Haus. Doch zwischen den beiden war es immer so, als hätten sie sich gestern noch gesehen. Sie knüpften dort an, wo sie vor ein paar Monaten oder Jahren geendet hatten. Sie quatschten sofort los und schon ein paar Minuten späten schallte ein herzliches gemeinsames Lachen durch die Räume. Der Freundschaftsweg war im Leben der beiden oft breit ausgetreten, dann wieder fast zugewuchert, doch immer war er zu erahnen.
An dieser Freundschaft bewundere ich noch heute die mangelnde Erwartung des jeweiligen gegenüber. Ihr Vertrauen ineinander war grenzenlos. Sie waren für einander da, wenn einer den anderen brauchte. Dennoch rannte sich niemand die Bude ein. Ihrer Freundschaft waren sie sich Zeit ihres Lebens gewiss. Was das wohl für ein großes Hallo auf Wolke 7 gab, als Tante Mecki auf der Wolke eintraf. Ich musste nicht dabei sein um zu wissen, wie dieses aufeinander Treffen ablief. Zwei Lebenswege mündeten in einen wolkigen Freundschaftsweg mit großem Getöse und schallendem Gelächter ein.
Facebook gratulierte meiner Freundin Elvi und mit zur sechs jährigen Freundschaft. Dass unser Freundschaftsweg schon seit 40 Jahren beschritten wird, kann das clevere Facebook nun auch nicht wissen. Elvi meinte: wären wir ein Ehepaar, so könnten wir schon unsere Rubinene Hochzeit feiern. Auch diese Freundschaft ist frei von Erwartungen. Wir unterstützen uns, hören uns zu, sagen offen unsere Meinungen und respektieren das jeweilige Leben und Handeln des anderen. Zehn Jahre hat uns das Leben unseren ureigenen Wegen folgen lassen. Unser Freundschaftsweg hatte kein gemeinsames Stück des Weges vorgesehen. Die Geburt unserer Kinder führte uns wieder zusammen, so dass unser Freundschaftsweg seitdem weder versandet noch zuwuchert.
Ich liebe meine Freundinnen, deren Freundschaft ich mir ebenso sicher bin, wie deren liebevoller Gedanken, auch wenn es aktuell kein gemeinsames Beschreiten des Freundschaftsweges gibt. Es gibt auch wieder andere Zeiten, dass hat mich das leben gelehrt.
Anmerken möchte ich noch, dass so mancher Freundschaftsweg mittlerweile eine Freundschaftsleitung geworden ist, denn das Telefon steht aufgrund des Abstandes des Wohnortes nicht still.
Freundschaftliche Gedanken sendet euch
Eure Birgit 
