Graues Schnäuzchen

Meine Lieben,

wenn ich morgens wach werde, dann bleibe ich immer erst ganz ruhig liegen und lausche. Denn mit dem grauen Schnäuzchen hat sich bei unsere Mischlingshündin Elli das Alter eingeschlichen.

Ich lausche des Morgens darauf, ob ich meine Elli atmen höre? Höre ich ihr Schmatzen oder das aufeinander Klappern der Zähne? Kaut sie im Leerlauf?

Manchmal dauert es länger bis ich etwas höre. Dann merke ich, wie mein Herz schneller anfängt zu schlagen, bis ich Geräusche wahrnehme. Ist sie gegangen? Bin ich ohne sie? Ich kann mir doch ein Leben ohne sie nicht vorstellen.

Neun Jahre ist sie alt, unsere  Mischlingshündin Elli. Wo ist die Zeit geblieben? Acht und ein halb lange Jahre durften wir schon mit ihr verbringen. Acht und ein halb Jahre, in denen man nur an den Söhnen gesehen hat, wie die Zeit verging. Sie waren Teenager und sind heute alle Twens. Sie waren Schüler und sind heute Studenten und Kaufleute. Bei ihnen sagen wir, wo ist die Zeit geblieben?

Wo ist Ellis Zeit geblieben?

Elli trägt nun ein graues Schnäuzchen. Am Anfang war das Grau ganz zart, fast unbemerkt hat es sich eingeschlichen. Nun hat es sich die gesamten Lefzen hinauf gezogen. Doch das graue Schnäuzchen ist nur der erste Hinweis auf die Veränderungen in ihrem Körper.

Seit einem halben Jahr sind die Augen trübe. Ihr linkes Auge sah erst aus, als wenn der Morgenschleim noch eine kleine Schicht über das Auge gezogen hat. Doch trotz vorsichtigem Auswischen, war nichts zu machen. Das rechte Auge zog ein viertel Jahr später nach. Komisch, gerade die Trübheit von Ellis Augen hat meinen Blick geschärft auf das Gesamtbild über das graue Schnäuzchen hinaus. Ich habe dann kritischer auf Ellis Gesamtkörper geblickt.

Unsere Elli ist knochiger geworden. Das Kopfskelett malt sich unter dem Fell ab. Die Augen liegen tiefer in den Höhlen. Die Zähnen klappern beim Wasser trinken aufeinander. Streichele ich über die Wirbelsäule, fährt die Hand über eine Huckelpiste. Die Rippen, die unter dem Fell nur zu erahnen waren, sind klar erkennbar. Elli war nie dick, doch heute ist sie hager. Der äußerliche Gesamteindruck ist klapperig.

Alles nur die Nierenerkrankung? Klar musste sie Nierenfutter zu sich nehmen, was sie verabscheute. Deshalb stellten wir sie auf eine getreidefreie Nahrung um und für die Nieren erhält sie statt der Nierennahrung ein homöopathisches Nierenmedikament. In dieser Kombination haben sich ihre Nierenwerte sehr gut erholt. Dennoch ist und war sie von Welpe an eine mäkelige Esserin. Hat sie von einer Sorte des Trocken- oder Nassfutters die Nase voll, so streikt sie. Manchmal haben wir schon so viele Sorten durch, dass unsere Freunde mit den verschiedensten Futtersorten ihrer Hunde aushalfen. So haben wir sie noch alle Mal wieder aufgepäppelt bekommen. Aber jetzt bekommen wir kaum noch etwas mehr auf ihre Rippen.

Das Fell haart kaum noch. Also die Hundefellmäuse müssen nicht mehr jeden zweiten Tag weggesaugt werden. Wenn ich sie bürste,  bleiben kaum Haare in ihrer Bürste zurück. Woraus sollen die Vögel im Frühjahr nur ihr Nest bauen? Sonst war der Garten nach dem Ausbürsten des Felles weiß. Wir mussten einen Furminator benutzen um die Unterwolle zu entfernen.

Unser graues Schnäuzchen schläft sehr viel, sehr fest, doch wenn sie wach ist, dann ist sie noch voll fit. Sie dreht noch die größten Runden mit uns und läuft sie gleichmäßig wie ein Uhrwerk, nicht tobend wie die zwei Junghunde.

Elli erzieht die beiden mit voller Durchsetzungskraft. Sie ist ein ruhender Pol.  Sie und ich haben den gleich langen Geduldsfaden. Wenn ich gerade denke, das Spiel von Zina und Felita fängt an zu nerven, dann hat Elli sich schon in aller Ruhe erhoben und mit lautem energischem Bellen für Ordnung gesorgt. Danach lässt sie sich wieder auf das Sofa sacken, fällt zusammen und atmet tief durch und schläft wieder ein.

Dieser Schlaf ist oft so tief, dass man kaum eine Atembewegung wahrnimmt. Nicht einmal die Barthaare am grauen Schnäuzchen wackeln. Dann warte ich bis ein tiefer Seufzer kommt.

Auf diese Geräusche horche ich jeden Morgen … und freue mich dann, dass uns wieder ein neuer Tag geschenkt wird.

Ich schicke euch ganz liebe Grüße und einen kleinen Atemzug der Freude jeden Tag,

Eure Birgit

2 thoughts on “Graues Schnäuzchen

  1. Hallo Sabine,
    so isst es, wenn man Senioren sein eigen nennt. Lucy und Tiffy sind noch älter, da kommen noch andere Gebrechlichkeiten auf einen zu.
    Genieße die Zeit mit ihnen.
    Liebe Grüße, deine Birgit

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