Totensonntag

Meine Lieben, nun war er da, der Tag, an dem wir unserer Toten gedenken, der Totensonntag.

Am Totensonntag, da haben wir liebevolle Gedanken an die uns nahe stehenden Verstorbenen. Da sind Mama und Papa, die wir vielleicht schon missen. Oma und Opa fehlen uns so sehr, obwohl wir sie tief in unseren Herzen tragen.

Doch da sind noch viele Menschen mehr, die auf unserem Lebensweg so einfach verschwunden sind. Es waren teilweise Menschen auf unserem Lebensweg, derer wir uns auf unserem Lebensweg kaum bewusst waren. Teilweise lebten wir so selbstverständlich mit ihnen oder neben ihnen, dass uns erst bei ihrem Verschwinden etwas auffiel und fehlte.

Buddha als Herbstimpression - Totensonntag

Da war der Sohn von elterlichen Freunden, der bei einem Autounfall ums Leben kam. Als Kind spielten wir gemeinsam, doch schon als junger Mensch starb er Wetter bedingt. Noch bis heute, 30 Jahre danach, wird sein Grab von seinen liebenden Eltern gepflegt, bei ihren liebevollen Besuchen.

Da war der Mitschüler kurz nach dem Abitur, der in seinem ersten Ausbildungsjahr tödlich verunglückte. Mit damals 20 Jahre habe ich mich um seine Beerdigung gedrückt.

Meine heißgeliebte resolute Kinderärztin traf ich das letzte Mal als Erwachsene im Theater, ebenso wie ich die langjährige Sportlehrerin meiner Kleinkinder im Baumarkt traf. Es verblieb nur die Anzeige in der Zeitung, die mich in Kenntnis setzte. Ich wünschte, ich hätte sie angesprochen, denn sie haben mich geprägt und viel Freude in mein Leben gebracht.

Da ist die ältere, stille Nachbarin, die uns des Samstag Morgens um sieben Uhr mit ihrem kehrenden Besen weckte. Wir näherten uns bei einem Pläuschchen am Zaun an und sie wird mir in Erinnerung bleiben als die Frau, die ihre 100 jährige Linde in ihrer Einfahrt gegen Holz lüsternde und Laub ablehnende Menschen verteidigte. Sie wird mir als Vorbild im Gedächtnis bleiben.

Da ist der Sohn der 92 jährigen Nachbarin, der auf einer Bank am See einschlief und nie wieder wach wurde mit nur knapp 50 Jahren. Auch ein Freund aus Jugendtagen, der wie viele Menschen vor ihm den Kampf gegen den Krebs verloren hat, ist einfach nicht mehr da.

Letzte Garrtenrosen - Totensonntag

So viele ziehen an meinem inneren Auge vorbei. Der Tod zieht Kreise wie ein ins Wasser geworfener Stein. Wenn wir der Toten gedenken, dann gedenken wir der Lebenden, deren Leben das unsere gestreift, getroffen und begleitet haben. Wir sind ein kurzes oder langes Stück unseres Lebensweges gemeinsam gegangen und dafür bin ich auch an diesem Totensonntag erneut dankbar.

Mit einem Lächeln im Gesicht grüßt euch

Eure Birgit Schiff auf herbstlichem Kanal - Totensonntag

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