Unser halbes Zechenhaus

Meine Lieben,

ich lebe in einem sehr alten Haus. Unser halbes Zechenhaus ist über 100 Jahre alt. In ihm und um es herum ist so viel Leben passiert, dessen ich mir beim Lesen des Buches Dornentöchter sehr bewusst wurde.

Ich bin eine Leseratte und ich finde in jedem Buch eine Stelle, die mich ganz besonders anspricht. Die Zeilen über das Poet’s Cottag im Buch Dornentöchter brachten die Erzählungen und Erinnerungen über unser halbes Zechenhaus in mir zu Tage. Schon lange schlummern sie in mir, um hin und wieder in Gedanken oder Worten lebendig zu werden.

Im Buch „Dornentöchter“ von Josephine Pennicott heißt es: „Das Poet’s Cottage kannte keine Erinnerung und keine Zukunft, denn alle Zeit war eins. Türen wurden geschlagen und die Sonne würde aufgehen. …

Jahreszeiten bestanden aus einer Mischung aus Wind, Schnee, Nebel und Sonnenschein. Kinder wurden geboren, lebten, alterten und starben, in einem kaleidoskopischen Wirbel. Es gab Freude, Feste, Trauer und Blut.

Es lag zwischen den Zeiten. Die Lebenden und Toten teilten sich dieselben Räume, doch keiner erkannte den anderen. Das Haus konnte sich verbiegen und formen, um sie alle zu beherbergen, denn das Haus wusste, dass es sich nur um Schatten handelte.

Tausende Gebete, Wünsche, Träume, kaputte Knochen, verlorene Zähne und gebrochene Herzen. Das Poet’s Cottage behütete alle voll Zärtlichkeit. Seine Geheimnisse wuchsen wie Efeu und verwoben dabei Träume und Fleisch. Nacht! Frieden! Zuhause!“

Verwunschener Garten, Unser halbes Zechenhaus

Ich lebe in einem über einhundert Jahre alten halben Zechenhaus. Meine Großeltern waren erst die zweiten Mieter in diesem Haus. In der Zechensiedlung lernten sie sich kennen. Freunde meiner Großeltern erzählten mir in meiner Pubertät, dass im ersten Garten der Siedlung, an der Ecke, eine Schiffschaukel stand, wo Oma und Opa beim Poussieren gesehen wurden. Ja, und als Eheleute bezogen sie unser halbes Zechenhaus. Es ist wie in dem wundervollen Text. Dort fanden Hochzeiten ebenso statt, wie Geburten und leider auch Beerdigungen. Mittler Weile lebt schon unsere dritte und vierte Generation im heute uns gehörenden Haus.

Anbau, Unser halbes Zechenhaus

Die tausende von Gebeten kann ich so sehr nachvollziehen, denn gerade als Mutter mache ich mir so viele Gedanken um meine Kinder. Mögen ihre Wünsche in Erfüllung gehen und wenn nicht, so wird immer jemand in unserem halben Zechenhaus sein, der mit Trost zur Seite steht. Als ich Teenager war und gerade erst in unser halbes Zechenhaus eingezogen war, da hatte ich des öfteren das Gefühl, die vergangenen Geräusche wieder zu hören. Ich hörte die knarrenden Stufen der Kellertreppe, die meine Oma jeden Mittag halb hinunter stieg, um die vorbereiteten Kochtöpfe herauf zu holen und auf den Herd zu stellen. An mancher Stelle roch es im Nichtraucherhaushalt nach Opas Zigarren. Vielleicht treffen sich doch auf irgend eine Art und Weise die Lebenden und die Toten.

Bücher geben mir immense Anregungen im Bezug auf mein Leben. Ohne das Lesen geht bei mir einfach gar nichts. Für die dunkle Jahreszeit wünsche ich euch, dass ihr jeder Zeit ein gutes Buch zur Hand habt,

Eure Leseratte Birgit Mama unter dem Rosenbogen, Unser halbes Zechenhaus

 

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